Situation von Langzeitarbeitslosen und Arbeitslosengeld-II-Empfangenden in Thüringen

RedenUte LukaschWirtschaft

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/7016

 

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, das ist heute meine erste Rede und es ist schon sehr spannend.

 

(Beifall im Hause)

 

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: …)

 

Danke! Wenn ich mir überlege, dass vielleicht auch ein Arbeitsloser zusieht und die Debatte hier beobachtet und hört, würde ich das gern mal herumdrehen. Also die Ausführungen, danke schön, sind richtig gut gewesen und die Frage ist nur die Konsequenz. Ein Arbeitsloser, der sich im ersten Jahr befindet, der ist überqualifiziert, wenn er sich irgendwo bewirbt. Das zweite Jahr zählt er als Langzeitarbeitsloser und hat sozusagen gar keine Qualifizierung, weil er dann nämlich als ungelernt gilt. Wenn man Glück hat, landet man dann in dem Programm TIZIAN. Die meisten Frauen, die dort sind, ich habe erst kürzlich mehrere Projekte besucht, tragen früh noch Zeitung aus. Dann gehen die dorthin, nachmittags gehen die irgendwohin noch saubermachen. Ich glaube nicht, dass man denen beibringen muss, was eine Struktur ist, zumindest 80 Prozent nicht. Das ist meine Erfahrung.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Es gibt sicherlich sinnvolle Programme. Die Auswertungen der Programme haben gezeigt, dass Bürgerarbeit nicht das Nonplusultra ist. Das war vorher bei ABM, das war bei SAM, das war überall so, dass das dann unter einem anderen Titel fortgeführt wurde, aber die Arbeit die gleiche war. Im Schülerfreizeitzentrum bei uns in Schmölln, da arbeiten seit zehn Jahren immer dieselben Erzieher, ausgebildete Erzieher, die aber nur bei jedem neuen Projekt weniger Geld bekommen haben. Das kann es nicht sein. Die Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs hat natürlich viele Kommunen gezwungen, da Stellen einzusetzen. 80 Prozent aller Stellen, die im zweiten Arbeitsmarkt sind, ist verdeckte öffentliche Beschäftigung, weil es eben Arbeit ist, die in den Kommunen ist. Grünanlagenarbeiter, das ist so das Typische, sorgen für schöne Städte. Sie sind trotzdem immer nur auf dem zweiten Arbeitsmarkt. Es gibt in allen Bereichen Ausgliederungen und wie die sich fühlen bei der Debatte, die heute hier geführt wird. Die einen sagen: Keine Arbeitsplätze verdrängen, die anderen sagen das. Die machen das zehn Jahre oder länger noch und seit 2011 haben die nicht einmal mehr Rentenansprüche, weil nichts eingezahlt wird und haben trotzdem gesundheitliche Probleme und machen ihre Arbeit. Qualifizierung, also was hier angesprochen wurde noch, es gibt ja mehrere Möglichkeiten, um Langzeitarbeitslose wieder einzugliedern. Eine dauerhafte Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt hat dabei Vorrang. Grünanlagenpflege ist doch erster Arbeitsmarkt. Die hacken doch nicht einfach so sinnlos da drin rum, sondern die schaffen schöne Städte. Es mag immer Einzelne geben, die da sind. Aber ich kenne welche, die machen das schon wirklich lange. Die sind dann im Winter zu Hause und machen dann im Frühjahr die Arbeit trotzdem, und das Jahr für Jahr. Deswegen, sage ich, ist das etwas schwierig einzuschätzen.

 

Und dann bei der Diskussion heute ist mir aufgefallen, dass fast alle Fraktionen die Verantwortung verschieben. Der eine sagt, das muss der Bund machen, der andere sagt, da gibt es Europaprogramme, der Nächste sagt, dafür ist das Land verantwortlich. Am Ende fühlt sich ein Arbeitsloser, ist das dem scheißegal, wo das - Entschuldigung - egal, wo das Geld herkommt, ob vom Bund oder vom Land. Der möchte in die Gesellschaft integriert werden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Da ist noch mehr egal. Das gehört zur Wahrheit dazu.)

 

Nicht allen, nicht allen, man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Wenn man die Zahl der Arbeitslosen nimmt, das gehört zur Wahrheit auch dazu, das bestreite ich auch gar nicht.

 

Mit Erlaubnis möchte ich noch einmal ein Zitat bringen. Die Ministerpräsidentin hat im Dezember gesagt in der OVZ: „Der Staat kann nicht nur Geld verteilen, um die rein materielle Not zu lindern. Das wäre menschenunwürdig. Wir brauchen aktive Hilfe zur Teilhabe an der Gesellschaft, um die Menschen aus der Passivität herauszuholen. Wir wollen keinen zurücklassen.“ In einer weiteren Rede am 12. Februar hat die Ministerpräsidentin bei dem Jahresempfang des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes den Slogan aufgegriffen „Schau hin!“. Das „hin“ steht für Handeln, Initiieren und Neugestalten. Ich würde mir wünschen, dass Sie das Motto, was da aufgegriffen wird, mit ihrer Regierung umsetzt. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE)

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